Wie der Staat versucht ein Exempel zu statuieren und Linke zu kriminalisieren
Am Mittwoch wurde im Fall Lina E. und den Mitangeklagten im Antifa-Ost Verfahren das Urteil verkündet. Das Verfahren, das fast hundert Verhandlungstage umfasst, stellt eins der härtesten Urteile gegen Linke seit Jahren dar. Schon, wie das Verfahren geführt wurde, zeigt, dass es dem Staat nicht um eine neutrale Aufklärung der Anschuldigungen ging. Vielmehr sollte ein politisches Urteil gefällt werden, dass auch in Zukunft die Hemmschwelle senkt, juristisch gegen linke Aktivist*innen und Gruppierungen vorzugehen.
Im Zweifel gegen die Angeklagten
Das Oberlandesgericht Dresden verurteilte Lina E. zu fünf Jahren und drei Monaten Haft, sowie drei weitere Mitangeklagte zu kürzeren Haftstrafen. Kurz nach der Urteilsverkündung setzte der Richter jedoch den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug. Somit ist Lina E. erstmal frei, wenn auch unter strengen Vorlagen. Das Strafmaß stellt in mehrerer Hinsicht dennoch einen Skandal dar. Die Verurteilung beruht auf keinerlei Beweisen. Die Bundesstaatsanwaltschaft stützt sich vor allem auf Aussagen von Neonazis der Gruppe „Knockout 51“ sowie einem früheren Bekannten von Lina E., der wegen Körperverletzungen angeklagt wurde und gegen den Vergewaltigungsvorwürfe erhoben wurden.Laut eigener Aussage hat er für seine Aussage keinerlei Gegenleistungen bekommen. Fakt ist jedoch, dass im März letzten Jahres das Sexualstrafverfahren gegen ihn fallen gelassen wurde. Ob beides in einem Zusammenhang steht, ist für uns schwer zu beurteilen. Gegen die Neonazis, die ausgesagt haben, wurde kurz nach ihrer Aussage ebenfalls ein Verfahren eröffnet. Darüber hinaus stützte sich die SoKo Linx in der Ermittlung gegen Lina E. auf ein Dossier, das von den Neonazis um die Gruppe „Knockout 51“ über Linke erstellt wurde. Wie glaubwürdig solche Ermittlungen sein können, wurde im Gericht nicht beantwortet.
Der andere Punkt, der das Verfahren zu einem Skandal macht, ist die Art und Weise, wie das Verfahren verhandelt wurde. Dass das Verfahren überhaupt vor einem Oberlandesgericht geführt wurde, statt vor einem Landgericht liegt daran, dass laut Staatsanwaltschaft der Verdacht auf eine kriminelle Vereinigung (§129 StGB) vorliege. Ursprünglich wurde §129 eingeführt, um gegen Bandenkriminalität vorzugehen. Nun wird er genutzt, um gegen Linke vorzugehen. Dabei benötigt die Staatsanwaltschaft keinerlei konkrete Beweise, die belegen, dass eine Gruppe gebildet wurde. Im Fall Lina E. gab es keine Hinweise auf einen Gruppenchat, Gruppennamen oder Ähnliches. Vielmehr ermöglichte der reine Verdacht, Lina E. und ihre Mitangeklagten monatelang abzuhören und abgehörte Gespräche vor Gericht als Beweismittel zu verwenden.
Der Staat hat ein Beispiel gesetzt
Durch das Urteil hat der Staat einen weiteren Präzedenzfall geschaffen, auf den sich künftige Verfahren beziehen können. Aussagen, wie zuletzt von Nancy Faeser „nun stärker gegen Linke durchgreifen”, deuten darauf hin, dass dies auch getan werden wird. Die Aufweichung der Auslegung des §129 bedeutet aber auch, dass in Zukunft immer flexibler mit dem Paragraphen umgegangen wird. Schon jetzt wird versucht, die „Letzte Generation“ wegen Eingriffen in den Straßenverkehr zu verurteilen. Es ist nicht auszuschließen, dass in Zukunft ähnliche Urteile gegen wilde Streiks, Besetzungen von Betrieben oder andere Aktionen des Widerstands gefällt werden. Die Hemmschwelle dazu wurde jedenfalls gesenkt.
Solidarität!
Wir, als Jugend für Sozialismus stellen uns solidarisch hinter Lina E., die Letzte Generation und allen anderen linken Aktivist*innen, die Repressionen vom Staat erfahren. Sich gegen Nazis zur Wehr zu setzen oder die Störung des Verkehrs als Protest gegen Klimazerstörung sollte nicht kriminalisiert werden.
Gleichzeitig sind wir der Meinung, dass individuelle Überfälle auf Faschisten, sowie das blockieren von Straßen keine effektive Strategien im Kampf gegen Rechts oder für mehr Klimaschutz sind. Vielmehr lösen die Aktionen der Letzten Generation eine nachvollziehbare Wut in Teilen der Bevölkerung aus. Der Staat kann diese Wut nutzen, um Verfahren gegen Linke leichter zu begründen. Wir denken, dass Strategien entwickelt werden müssen, die auf eine möglichst breite Mobilisierung innerhalb der Arbeiter*innenklasse beruhen, umso auch massenhaft Unterstützung zu gewinnen. Das Vorgehen des Staates zeigt, dass jeglicher linker Aktivismus möglichst breite Unterstützung in der Bevölkerung braucht. Breite Solidarität in der Bevölkerung ist der effektivste Schutz gegen Repressionen des Staates und gewaltbereite Faschist*innen. Gerade in Krisenzeiten, wie gerade jetzt, wird der bürgerliche Staat immer wieder gegen legitimen Protest vorgehen. Wir müssen uns deshalb organisieren und zusammenschließen, um uns gegen alle Angriffe zu verteidigen und eine sozialistische Alternative zu diesem System voranzubringen. Werde deshalb aktiv und organisiere dich bei Jugend für Sozialismus!