Sonneberg, Raguhn-Jeßnitz — Woher kommt der Aufschwung der AfD?

Quel­le: Olaf Kos­in­sky / kosinsky.eu

Stel­lung­nah­me der Jugend für Sozia­lis­mus Chem­nitz

In der thü­rin­gi­schen Stadt Son­ne­berg hat die AfD die Land­rats­wahl, im sach­sen-anhal­ti­ni­schen Rag­uhn-Jeß­nitz die Bür­ger­meis­ter­wahl gewon­nen, jeweils mit einer Mehr­heit von über 50%. Wäh­rend bür­ger­li­che Politiker*innen und Medi­en auf­schrei­en, ist dies ein erwart­ba­res Ergeb­nis eines bun­des­wei­ten Trends. Trotz­dem ist ein resul­tie­ren­der Schock unter jun­gen Men­schen  nach­voll­zieh­bar

Wenn­gleich die AfD laut Umfra­ge­er­geb­nis­sen in Sach­sen bei 32% liegt, ist der Auf­stieg der AfD kein rein ost­deut­sches Pro­blem: Im Wes­ten der Repu­blik erzielt die AfD eben­falls stei­gen­de Ergeb­nis­se, wel­che jedoch nur halb so stark sind.

Trotz­dem muss man auf die nied­ri­ge Wahl­be­tei­li­gung der bei­den Wah­len hin­wei­sen, wel­che bei nur jeweils rund 60 Pro­zent lag. Dar­aus resul­tiert, dass nur 30 Pro­zent der jewei­li­gen Wahl­be­rech­tig­ten für die AfD gestimmt haben, was nichts­des­to­trotz zu viel ist.

Die Fra­ge, die es zu beant­wor­ten gilt, ist die nach den Grün­den des Auf­stie­ges der rechts­po­pu­lis­ti­schen Par­tei.

Kri­se

Die aktu­el­le hohe Infla­ti­on führt in der gesam­ten Bun­des­re­pu­blik, aber beson­ders im Osten, zu einer star­ken Ver­schlech­te­rung der Lebens­um­stän­de. Wäh­rend gro­ße Tei­le der Bevöl­ke­rung ihren Lebens­stan­dard zurück­schrau­ben müs­sen, bie­tet die Ampel-Regie­rung ledig­lich lächer­li­che Ein­mal­zah­lun­gen. Ver­ständ­li­cher­wei­se steigt der Unmut der Bevöl­ke­rung gegen­über den Regie­rungs­par­tei­en.

Die­sen Unmut macht sich die AfD zu nut­ze, sie behan­delt bereits auf nied­ri­gen Regie­rungs­ebe­nen, wie zum Bei­spiel der Land­rats­wahl in Son­ne­berg, bun­des­po­li­ti­sche Pro­ble­me.

Doch nicht nur der sin­ken­de Lebens­stand­art der Arbei­te­rIn­nen­klas­se hat den Auf­stieg der AfD begüns­tigt. Die Het­ze 2015/2016 hat migrant*innenfeindliche Ste­reo­ty­pe befeu­ert und der bür­ger­li­che Dis­kurs Natio­na­lis­mus pro­pa­giert.

CDU und die soge­nann­te Brand­mau­er

Die Bun­des-CDU nähert sich pro­gram­ma­tisch an die AfD an und ver­schiebt so den Dis­kurs nach Rechts , wodurch sich Tei­le der Bevöl­ke­rung in ihren Sym­pa­thien für Rechts bestä­tigt füh­len und zur AfD abwan­dern, da die­se Ihre schein­ba­ren Inter­es­sen radi­ka­ler Ver­tritt. Die ost­deut­schen Lan­des­ver­bän­de der CDU gren­zen sich kaum von der AfD ab, eine Koali­ti­on von AfD und CDU ist in Ost­deutsch­land zuneh­mend wahr­schein­lich.

Die LINKE ist, obgleich sie die tat­säch­li­chen Inter­es­sen der Arbei­te­rIn­nen am ehes­ten ver­tritt, für die meis­ten Mit­glie­der unse­rer Klas­se unat­trak­tiv, was ihrer Zer­strit­ten­heit, Ange­passt­heit und ihrem Refor­mis­mus anzu­las­ten ist. Die Regie­rungs­be­tei­li­gung der LINKEN in Thü­rin­gen hat die­sen Wahl­sieg der AfD begüns­tigt, da sie kei­ne sozia­lis­ti­sche Alter­na­ti­ve dar­ge­stellt hat, die vom Kurs der Bun­des­re­gie­rung abweicht. Die Pos­tio­nen Bodo Rame­lows sind kaum zu unter­schei­den von denen der SPD und CDU.

Rech­te Struk­tu­ren in Ost­deutsch­land

Auf­fäl­lig ist, dass die Bewohner*innen der Bun­des­län­der der ehe­ma­li­gen DDR beson­ders anfäl­lig für rech­tes Gedan­ken­gut sind. Ein Grund ist die mas­si­ve Schä­di­gung der ost­deut­schen Wirt­schaft durch die Treu­hand in den 90ern. Der Aus­ver­kauf der ost­deut­schen Wirt­schaft hat zu hoher Arbeits­lo­sig­keit und damit Unzu­frie­den­heit unter jun­gen Men­schen geführt. Ein wei­te­rer Grund war das Feh­len einer Kraft, die Ende der 1980er für eine Demo­kra­ti­sie­rung, der Plan­wirt­schaft beim Bei­be­hal­ten der Fort­schritt der DDR ein­ge­tre­ten ist.  Dies hat dazu geführt, dass vie­le Men­schen aus Frust eine Alter­na­ti­ve bei den Rech­ten such­ten.

Bereits vor der Wie­der­ver­ei­ni­gung gab es In der DDR klei­ne­re Neo­na­zi­ban­den. Die­se waren bis zur Wie­der­ver­ei­ni­gung eher unor­ga­ni­siert und ohne tie­fe­re theo­re­ti­sche und ideo­lo­gi­sche Fes­ti­gung, jedoch gewalt­be­reit. Dies änder­te sich mit dem Zuzug von west­deut­schen Neo­na­zis, wel­che theo­re­tisch und ideo­lo­gisch gefes­tigt waren und in der rechts­extre­men Tei­len der Ost­ju­gend das Poten­zi­al sahen, durch Orga­ni­sie­rung zu einer rele­van­ten gesell­schaft­li­chen Kraft zu wer­den. Die­se Ent­wick­lung wur­de durch das Weg­schau­en und die akti­ve Unter­stüt­zung der staat­li­chen Instan­zen, vor­nehm­lich dem Ver­fas­sungs­schutz, begüns­tigt und faschis­ti­sche Ver­net­zun­gen konn­ten in Ost­deutsch­land sprie­ßen.

Als Kern­grund der Radi­ka­li­sie­rung nach Rechts ist die Ver­schlech­te­rung der Lebens­be­din­gun­gen durch die Treu­hand zu erken­nen, als begüns­ti­gen­des Ele­ment das Ver­sa­gen der DDR.

Sozia­lis­ti­sche Alter­na­ti­ve Not­wen­dig

Die AfD ist jedoch nicht im Stan­de, die wah­ren Pro­ble­me der Men­schen anzu­ge­hen. Viel­mehr nützt ihre ras­sis­ti­sche und sexis­ti­sche Rhe­to­rik der Ver­schleie­rung ihrer tat­säch­li­chen neo­li­be­ra­len Poli­tik, die die Lebens­um­stän­de der Arbeiter*innenklasse wei­ter ver­schlech­tern wird.

Die Wah­len in Son­ne­berg und Rag­uhn-Jeß­nitz stel­len zwar eine Zäsur inner­halb Deutsch­lands dar, rei­hen sich aber per­fekt in den gesamt­eu­ro­päi­schen Rechts­ruck ein.

Unse­re Auf­ga­be als Jugend für Sozia­lis­mus ist, vor den Mit­glie­dern unse­rer Klas­se die arbeiter*nnenfeindliche Poli­tik der AfD zu ent­lar­ven und ihnen den Klas­sen­kampf als tat­säch­li­che Mög­lich­keit der Ver­bes­se­rung ihrer Lebens­um­stän­de auf­zu­zei­gen. Des Wei­te­ren ist es not­wen­dig gegen den auf­stre­ben­den Rechts­extre­mis­mus eine star­ke Anti­fa­be­we­gung zu errich­ten. Zusätz­lich müs­sen Pro­tes­te dafür geführt wer­den, dass Ban­ken und Kon­zer­ne die Kos­ten des Umwelt­schut­zes tra­gen müs­sen, und nicht die Arbeiter*innenklasse.