Bericht vom Warnstreik am 14. November
Heute waren wir solidarisch beim ver.di Warnstreik der Tarifbeschäftigten, Azubis, Praktikanten, und auch vor allem den studentisch Beschäftigten und Studierenden an der Uni Bielefeld dabei! Es streikten auch Beschäftigte der Hochschule Bielefeld und der Universität Paderborn; eine große Delegation der gleichzeitig Streikenden von Straßen.NRW nahm ebenfalls teil.
von Lian, Bielefeld und Arthur, Lemgo
Rund 100 Streikende und mit ihnen Solidarische sammelten sich bei regnerischen Wetter ab 10 Uhr morgens vor dem temporären Haupteingang der Universität an der Uni-Brücke, um mit kämpferischen Redebeiträgen ihren Unmut und Frust über die Blockadehaltung der Arbeitgeber auszudrücken. Ver.di fordert: Erhöhung der Entgelte der Beschäftigten um 10,5% und dabei mindestens um 500€/Monat, beziehungsweise um 10,5% und mindestens 200€/Monat für Azubis, Studierende und Praktikant*innen!
Die starke Präsenz der Bewegung “TVStud”, die sich für einen flächendeckenden Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (z.B. wissenschaftliche Hilfskräfte) einsetzt und wichtiger Teil der Auseinandersetzung ist„ fiel positiv auf und bietet einen Ansatz, eine breit aufgestellte Solidaritätskampagne unter Studierenden zur Unterstützung der TVL-Forderungen zu organisieren und so den öffentlichen Druck zu erhöhen. Endlich: Denn laut einer Studie des Instituts Arbeit und Wirtschaft gelten mehr als drei Viertel aller studentisch Beschäftigten als akut armutsgefährdet!¹
Fragen aufgeworfen hatte die Rede einer ver.di-Vertreterin, welche abweichend von den offiziellen Tarifforderungen nach einer Laufzeit von 12 Monaten von einer Laufzeit von zwei Jahren sprach. Ob es sich um einen Versprecher handelt, können wir nicht ausschließen, jedoch muss man leider davon ausgehen, dass die ver.di Führung — wie schon in der Tarifrunde für die Beschäftigten bei Bund und Kommunen im Frühjahr — bereit ist, eine solche längere Laufzeit zu akzeptieren und weitere Zugeständnisse zu machen, anstatt darauf zu setzen, mit Streik mehr Druck zu erzeugen und das Maximum zu erkämpfen. Schon im Vorfeld wurde davon gesprochen, dass ein noch schlechteres Ergebnis als im Frühjahr in Bund und Kommunen wahrscheinlich ist, weil man in der Länder-Tarifrunde weniger Kampfkraft aufbauen könne.
Doch viele Beschäftigte sind wütend und mit einer konsequenten Herangehensweise von Seiten der Führung gäbe es das Potenzial, mehr Kolleg*innen zu gewinnen und die Gewerkschaften zu stärken. Dazu kommt, dass es auch bei den Ländern Bereiche gibt, die viel Kampferfahrung wie zum Beispiel in Uniklinika haben, und andere Bereiche wie die der Straßenbau mit ökonomischem Druckpotenzial. Außerdem hätte es eine stärkende Wirkung, Mobilisierungen mit Beschäftigten anderer Bereiche, die ebenso streiken, wie im Handel, bei der Bahn und ab nächstem Jahr im Nahverkehr, zusammen zu bringen.
Wir sagen klar: Es braucht einen ernsthaften Kampf für eine möglichst volle Durchsetzung der Forderungen. Eine Abweichung von den 12 Monaten Laufzeit würde nicht nur den Reallohnverlust verschärfen, sondern auch die große Chance vertun, im nächsten Jahr gemeinsam mit dem TVÖD die Tarifrunden zeitlich zusammenzulegen und so die Kampfkraft von Beschäftigten in Bund und Ländern zu bündeln. Angesichts der weiterhin anhaltenden Inflation stellt die Ausgangsforderung selbst bei voller Durchsetzung einen Reallohnverlust dar und damit bereits in sich einen Kompromiss. Nicht ohne Grund veröffentlichten kämpferische Kolleg*innen aus der FU Berlin eine öffentliche Erklärung, die sich im Vorfeld der Forderungsfindung (vergeblich) für eine Tarifforderung von 1000 Euro mehr Lohn einsetzte.² Umso wichtiger, nun die Kampfvorbereitungen für einen unbefristeten Erzwingungsstreik zur möglichst vollen Durchsetzung der Forderungen zu treffen!
Auch die politische Dimension dieser Auseinandersetzung wird mit den Kürzungshaushalten deutlich, die von bürgerlichen Parteien in Bund und Land aufgezogen werden und damit klar machen, dass die Arbeiter*innenklasse und die Jugend für die kapitalistischen Krisen mit Reallohnverlust und Verschlechterungen in sozialen Errungenschaften zahlen soll. Die sozialpartnerschaftliche Ausrichtung der Gewerkschaftsführungen führt zu immer mehr Zugeständnissen, was zu Reallohnverlusten, Stellenabbau und weiterer Erhöhung des Arbeitsdrucks beitragen wird. Es braucht eine kämpferische Ausrichtung der Gewerkschaften. Nötig wäre eine breite Solidaritätsbewegung für die Beschäftigten, die von den Gewerkschaften angeführt werden sollte. Das zeigt, dass Jede im Kapitalismus erkämpfte Verbesserung von den Herrschenden wieder infrage gestellt wird. Wir unterstützen daher jeden Kampf für die Verteidigung des Lebensstandards sowie um Verbesserungen im Hier und Jetzt. Und wir verbinden es konsequent mit dem Kampf für eine sozialistische Demokratie, in der mit Konkurrenz und Profitlogik gebrochen wird und eine demokratische und nachhaltige gesamtgesellschaftliche Wirtschaftsplanung entsprechend der Bedürfnisse von Mensch und Umwelt stattfindet.